Vor 65 Jahren flimmerte die erste Waschmittelwerbung über den Bildschirm
Ein Werbespot mit einer Länge von 55 Sekunden wäre im digitalen Zeitalter undenkbar. Was könnte man in dieser langen Zeit alles Sinnvolleres im Internet anstellen? In knapp einer Minute, da bewirbt man sich auf zwei Stellenausschreibungen, liest und liked fünf Beiträge in der Facebook-Gruppe, gibt bei mindestens zwei seinen eigenen Senf dazu und stellt noch schnell ein schickes Foto seiner nigelnagelneuen Schuhe auf Instagram, natürlich nicht, ohne das Bild zuvor mit diversen Filtern auf Hochglanz zu schleifen. Vor 65 Jahren tickten die Uhren allerdings anders und ein 55-Sekunden-Werbespot konnte für eine echte mediale Revolution sorgen.
Der Bayerische Rundfunk öffnet die Tür zur Welt
Wie aus öffentlich-rechtlichem Rundfunk das Werbefernsehen wurde
Leicht hatte es die Fernsehwerbung zu Beginn nicht, denn groß waren die Sorgen, dass Werbefinanzierungen die Objektivität des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beeinflussen und die Vielfalt im Keim erstickt. Folgerichtig war die Fernsehwerbung zunächst auch verboten. Nach einigem Hin und Her, vielen Diskussionen und Auseinandersetzungen, auch mit Lobbyisten der Zeitungsverleger, fasste sich der Bayerische Rundfunk (BR) letztlich ein Herz und jagte am 3. November 1956 den ersten Werbespot Deutschlands über den Äther – ein 55 Sekunden langer Werbefilm für Persil mit Liesl Karlstadt und Beppo Brehm in den »Hauptrollen«.
55 Sekunden, die das komplette Fernsehen veränderten
Werben wird schneller, bunter & emotionaler
Nachdem der Bayerische Rundfunk als Teil der ARD den Grundstein für die Salonfähigkeit von Fernsehwerbung legte, zogen auch die übrigen Sendeanstalten nach und folgende Sender wie das ZDF nach seiner Gründung 1961 setzten von Beginn an auf die zusätzliche Finanzierung über Werbung. Während es sich ursprünglich um recht nüchterne Werbefilmchen drehte, würzten die Privatsender mit Ihrem Startschuss im Jahre 1984 die Fernsehwerbung mit einer ordentlichen Portion Geschwindigkeit, Emotionalität und Prägnanz, die ganze Generationen geprägt hat. Damals haben die Menschen ihre Fernseher teilweise extra für die Werbespots eingeschaltet – heute ist wohl eher das Gegenteil der Fall.
Wer die erste Fernsehwerbung Deutschlands selbst in Augenschein nehmen möchte, kann dies auf dem offiziellen Channel des Bayerischen Rundfunks auf YouTube gerne tun.