Keine Angst vor deutscher Sprache

20. Juni 2016

News

„Made in Germany“ steht auch sprachlich hoch im Kurs

Die deutsche Geschäftswelt scheut sich paradoxerweise ein bisschen vor der eigenen Sprache. Da werden Firmengründungen kurzerhand zu Start-ups transformiert, Lehrgänge zu Workshops umgestaltet und selbst der gute, alte, respektierte Hausmeister ist plötzlich lieber ein Facility Manager. Muss ja auch irgendwie, denn Anglizismen und englische Fachbegriffe zeugen von internationaler Ausrichtung, von Kompetenz, Modernität oder Jugend, sind identitätsstiftend und grundsätzlich ist das einfach besser so heutzutage. Noch einen Schritt weiter gehen die meisten deutschen Konzerne oder Großunternehmen und passen gleich ihren Produkt- oder Firmennamen an das jeweilige Zielland an, wie zum Beispiel „BMW“, die in China „Baoma“ heißen; übersetzt so viel wie „kostbares Pferd“. Aber sind diese Anpassungen wirklich so wichtig, wie es behauptet wird?

Ein Meister und der starke Mann

International erfolgreich trotz „komischer“ Namen?

Arnold Schwarzenegger kennen Sie, oder? Den beliebten Kräuterlikör „Jägermeister“ sicherlich auch, es wäre ein Wunder, wenn nicht, denn die beiden sind weltberühmt, und zwar unter genau diesen beiden Namen. Nun ist es aber aus internationaler Sicht für das Marketing doch fatal, wenn die angepeilten Zielgruppen noch nicht einmal den Markennamen aussprechen können. Alles nur graue Theorie oder sind Arnie und der Magenbitter Ausnahmeerscheinungen? Natürlich sind sprachliche Anpassungen bei einigen Produkten unausweichlich, beispielsweise bei Mitsubishis Automodell „Pajero“, was auf Spanisch wie ein schlimmes Schimpfwort ausgesprochen wird und derselbe Wagen in Spanien bzw. spanischsprachig geprägten Ländern „Montero“ heißt. Allerdings sind die zuvor angeführten Beispiele nicht trotz ihrer exotischen Namen berühmt geworden, sondern auch ein Stückweit deswegen. Entsprechend gibt es auch viele ausländische Firmen, die ganz bewusst mit exotischen, deutschen Wörtern ihr Alleinstellungsmerkmal unterstreichen.

„Exotische“ Firmennamen im Ausland

Umlaute in den USA? – Geht doch

Wenn die Deutschen sich kräftig am Englischen bedienen, dann drehen wir einfach mal den Spieß um, dachten sich wohl einige US-Unternehmen und setzten gezielt auf die deutsche Sprache, so zum Beispiel die „Schlitterbahn Waterparks“, eine familiengeführte Vergnügungsparkkette, die mit ihren Wasserattraktionen quer durch Texas und in Kansas begeistert. Stilecht tritt natürlich auch der Blog auf der Unternehmenswebsite als „Schlitterblog“ in Erscheinung. Gut, das mag eine spitzfindige Ausnahme sein, deutlicher wird es allerdings mit dem derzeitigen Überunternehmen „Uber“, dessen deutscher Name ein wenig durch die fehlenden Punkte über dem „U“ verschleiert wird. Man mag denken, in westlichen Ländern, die zumindest eine einheitliche Schrift besitzen, ist das irgendwie möglich, doch in China funktioniert das garantiert nicht. Jetzt muss man nur noch die chinesischen Unternehmen davon überzeugen, die für den heimischen Markt deutsche oder deutschklingende Begriffe verwenden, das stark aufstrebende Elektrounternehmen „Haier“ zum Beispiel, dessen Name aus der zweiten Silbe des ursprünglichen Kran-Herstellers „Liebherr“ entlehnt ist.

Und wenn schon: Englische Claims kommen in Deutschland gut an…

…aber schießen bei knapp zwei Dritteln der Konsumenten am Ziel vorbei

Was auf den ersten Blick wie eine willkürliche Anglizismen-Kritik aussehen mag, hat einen handfesten Hintergrund, nämlich die aktuelle Claim-Studie des internationalen Markenspezialisten „ENDMARK“. Laut deren Zahlen werden englischsprachige Claims von rund 64% der Konsumenten nicht richtig verstanden und nur 28% der 1.204 befragten Verbraucher können englische Claims im Sinne des Absenders korrekt übersetzen. Als klassisches Beispiel muss wieder die Parfümerie „Douglas“ herhalten, deren Claim „Come in and find out“ bei vielen Verbrauchern als „Komm rein und finde wieder raus“ übersetzt wird. Unabhängig davon bemängelt der ENDMARK-Geschäftsführer, Dr. Bernd M. Samland, den inflationären Gebrauch englischer Begriffe oder künstlicher Modewörter grundsätzlich, denn fast jeder Dienstleister bietet mittlerweile „Solutions“, fast jeder Händler den Ausverkauf im „Sale“ und fast jedes neue Produkt ist „smart“. Das Unterscheidungsmerkmal, eines der höchsten Gebote der Markenbildung, wird dabei einfach dem allgemeinen Trend geopfert. Unternehmens-, Produkt- oder Markennamen sind eine sensible Angelegenheit, aber den Mut sollte man auf keinen Fall komplett über Bord werfen, und da wo es sinnvoll ist, auch guten Gewissens einfach mal bei der Muttersprache bleiben.

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